Heute passt er mit seinen 1,90 m nicht mehr so recht unter das Cabriodach des silbernen Geräteträgers aus den Siebzigerjahren, die Leidenschaft für Nutzfahrzeuge im Allgemeinen und für den Unimog im Besonderen jedoch ist mitgewachsen. Was freilich die Innung bestärkt hatte, dass sie sich für Budapest und Abu Dhabi, Austragungsorte der Wettbewerbe 2018, den Richtigen herausgepickt hatten. Nach ersten Treffen der deutschen Teams ging es an die Vorbereitungen, die alles andere als ein Zuckerschlecken waren: Schulungen, Mentaltraining sowie intensives Diagnosetraining bei Gutmann, auch bei Zeppelin in Garching und im Esslinger Haus des Handwerks standen an. Außerdem standen Absprachen mit den Ausbildern sowie ein Vorab-Camp mit Sportpsychologen auf der Agenda.
Fünf Aufgaben – mentale wie physische Herausforderungen
Bereits die Vorbereitung waren hart, aber lernintensiv, erinnert sich der 22-jährige, der auch eine Woche in Wörth verbrachte, den Profis an der Endkontrolle zwei Tage auf die Finger schauen und dort auch ganz neue Wege der praktischen Problemlösung erkennen konnte. Beispielsweise beim Diagnostizieren von elektronischen Defekten – mit fiesen Ideen aus dieser Thematik hatten die Prüfer einige ihrer fünf Aufgaben des Euro-Wettbewerbs in Budapest gespickt. Andreas Enzensberger und seine sechs Mitstreiter im Bereich „Truck maintenance“ waren während der drei Prüfungstage physisch wie mental gefordert, auch weil die Zeitvorgabe pro Aufgabe mit zwei Stunden extrem sportlich war. Mit Motordiagnose und Fehlererkennung ging es los – es galt, einen MB Actros wieder zum Laufen zu bringen sowie einen CAN-BUS Fehler mit falscher PIN-Belegung zu erkennen und zu korrigieren. Aufgabe zwei: eine dreifach defekte Komfortelektrik, gefolgt von einem Bremsendefekt mit „ausgepinntem“ Handbremsschalter im Atego. Hier musste dann auch die Bremse zerlegt werden, anschließend war Fahrwerksvermessung gefragt. Zu guter Letzt ging es schraubertechnisch ins Eingemachte: Kipphebelwelle am 13 Liter-Dieselaggregat abbauen, mit Endoskop Kolben und Zylinder beurteilen, unter anderem auch Kopfdichtung und Hohnung fachgerecht prüfen. „Freilich nur schrauben, aber eben nach englischen Vorgaben, stets korrekt, sicher, schnell und fehlerfrei“, erklärt Enzensberger.
Hier war höchste Konzentration gefragt, denn auch der Schiedsrichter schaute den Prüflingen auf die Finger, beurteilte Sicherheit, Arbeitsstruktur, aber auch Berücksichtigung der Herstellervorgaben und vieles Mehr. Zuschauer drängelten sich in der riesigen Halle, schauten zu, während die sieben Nationen auf Fehlersuche gingen. Zum Glück mit Scheuklappen, erinnert sich der Euro Skill-Geprüfte, denn mit „Mickymaus“ und „Schutzbrille“ sehe und höre er drumherum so gut wie nichts.
Bei 800 maximal erreichbaren Punkten fehlten ihm nur vier Punkte auf Bronze und sieben auf Platz zwei. Sein Ziel, unter die ersten Fünf zu kommen, war erreicht – hierfür gab es die blaue Medal of Excellence. Er hat freilich noch viel mehr mitgenommen: „Ein tolles Gemeinschaftserlebnis mit dem deutschen Team, grandiose Eröffnungs- und Schlusszeremonien wie bei Olympia, und viele Kontakte, die ich sonst nie gemacht hätte“, erklärt der Attenkichener. Ganz konkret erhielt er auch eine Begabtenförderung, die jetzt beinahe seine kompletten Meisterprüfungskosten deckt.
Wir als Firma sind natürlich unglaublich stolz, so ein junges Talent im Team zu haben. Gerade diese Prüfungsthemen wie Diagnose werden auch für Henne immer wichtiger. Auch im Bereich Nutzfahrzeuge findet eine digitale Transformation statt. Wir sehen das jedoch nicht nur als Herausforderung, sondern ebenfalls als Chance, auch in Zukunft etwas zu Bewegen.
Text: Gerfried Vogt-Möbs
Fotos: WorldSkills Germany/Frank Erpinar